Ein Jahr nach den rassistischen Ausschreitungen in Heidenau organisieren antifaschistische und antirassistische Gruppen am 21. August eine Demonstration unter dem Motto “Wir vergessen nicht! das Schweigen in der sächsischen Provinz brechen”. In anbetracht der Tasache, dass die Ereignisse im August 2015 heute weder gesellschaftlich noch medial Thema sind, und auch damals mehr der Ruf Sachsens im Fokus stand, denn die Tatsache der heftigen und tagelangen menschenverachtenden Gewalt, soll diese Demo die Ereignisse von damals wieder ins Bewußtsein rufen und das Schweigen brechen.
Wir werden gemeinsam aus Dresden an- und auch wieder abreisen!
Zugtreffpunkt Bahnhof Neustadt: 13:00 Uhr, Abfahrt 13:20 Uhr
Zustieg Hauptbahnhof: 13:29 Uhr, Gleis 18
Hier der Aufruf zur Demo:
Wir vergessen nicht!
Das Schweigen in der sächsischen Provinz brechen!
Am 21. und 22. August jähren sich die pogromartigen Ausschreitungen von Heidenau zum ersten Mal. Am 18. August wurde bekannt, dass in dem leerstehenden Praktiker-Baumarkt eine Erstaufnahmeeinrichtung installiert wird, woraufhin sich die rassistische Stimmung zum Wochendende hin immer weiter hochschaukelte. Bereits Freitag nachmittag sammelte sich der wütende Mob auf den umliegenden Parkplätzen und betrank sich. Im Verlauf der Abende lieferten sich die „besorgten Bürger*innen“ gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Aggressionen richteten sich nicht nur gegen die Asylunterkunft, sondern auch gegen die ca. 200 Antifaschist*innen, welche am 2. Tag zum Schutz angereist waren. Die Polizei war an beiden Tagen vollkommen überfordert und unterbesetzt. Bezeichnenderweise richtete sich die Repression durch die Polizei gegen die antifaschistische Demonstration am Sonntag, die sich mit den Asylsuchenden solidarisierte und sich gegen die Zustände in Heidenau aussprach. Diese Ereignisse reihen sich nahtlos in die unzähligen rassistischen Mobilisierungen und Übergriffe des vergangenen Jahres ein. Benannt seien in diesem Zusammenhang beispielhaft die Übergriffe im Zuge der Belegung eines Zeltlagers in der Dresdner Friedrichstadt oder die Bedrohungen, Übergriffe und Anschläge in Freital und Meissen.
Den Ereignissen dieses Augustwochenendes wurde durch die Heidenauer Stadtpolitiker*innen nur bedingt Rechnunggetragen. Zwar forderte der amtierende Ortsoberbürgermeister Opitz zur Solidarität mit Geflüchten in Heidenau auf, stellte aber deutlich heraus, worum es ihm dabei wirklich ging: „Der Ruf unserer Stadt als familienfreundliche Gemeinde ist erheblich beschädigt“. Auch einige Medienvertreter*innen der regionalen Presse sorgten sich mehr um den Ruf Sachsens, als die Missstände klar zu benennen, so ist zum Beispiel laut MDR nach den zweitägigen Randalen „der Schaden auch für Sachsen immens“.
In Folge der Augustereignisse gründete sich eine Willkommensinitiative, die sich der Unterstützung von Asylsuchenden verschrieb. Weitere Reaktionen aus der Bevölkerung blieben aus. Die Sorge um den guten Ruf der Stadt motivierte den größten Teil der Bevölkerung zu Schweigen. Selbst als ein errichtetes Denkmal für die Ereignisse in den Farben schwarz-weis-rot angemalt wurde, blieben die Reaktionen aus. Auch die stetig steigenden Übrgriffen fanden nur mäßig Resonanz in der Bevölkerung. So wurden am 26.9. 2015 vier Asylsuchende aus Pakistan angegriffen. Die Angreifer*innen gingen mit einer Bierflasche dabei auf die Betroffenen los. Einer erlitt dabei eine Platzwunde am Kopf. Auch im benachbarten Pirna ereigneten sich mehrere Übergriffe speziell nach Veranstaltungen der AFD und NPD, unter anderem wurden am 30.10. ein Libyer und ein Marokkaner von 25 Unbekannten attackiert. Zwei Wochen darauf wurde eine Asylunterkunft angegriffen. Im Februar kam es nach einem Dynamo-Spiel gleich zu 2 Übergriffen: In Heidenau wieder ein ähnliches Bild wie Monate zuvor: Mehrere Personen, darunter auch 4 Geflüchtete, wurde nangegriffen, wobei eine Person durch eine Flasche verletzt wurde. Fast zur selben Zeit wurde in Pirna ein Syrer von 10 Rassist*innen ins Krankenhaus geprügelt. Ende April wurde das Miteinander-Denkmal in Heidenau erneut von der JN Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bemalt, diesmal in Schwarz-Rot-Gelb. Am gleichen Abend konnten mehrere Personen die Buchstaben wieder umfärben, woraufhin es zu Androhungüber Facebook kam, diejenigen anzugreifen und deren Fahrzeug anzuzünden. Auch die Sächsische Zeitung veröffentlichte online den Hinweis, dass auf „Heidenau-Hört zu“ nach einem Kennzeichen gefahndet wird.
Insbesondere das Haus Montag in Pirna, als Anlaufpunkt für junge Nationalisten tritt immer wieder in Erscheinung am Rande rassistischer Aktionen. So war beispielsweise das Haus Montag Ausgangspunkt für eine Gruppe junger Nazis die am18. Juni 2016 beim Stadtfest Pirna eine Transpiaktion „Migration ist Völkermord“ brachten. Das Objekt wurde 2013 durch einen vorbestraften norwegischen Neonazi gekauft und konnte ohne weiteren Widerstand etabliert werden. Trotz des Wissens um die Mitgliedschaft einzelner Funktionäre in der verbotenen Kameradschaft „Skinheads Sächsische Schweiz“ scheint das Interesse der Pirnaer Allgemeinheit eher gering. So können Personen wie Thomas Sattelberg oder Markus Großmann ungestört ihre alten Strukturen auflebenlassen und Jugendliche auch an Schulen in ihrem Sinne „politisieren“. Dass dabei menschenverachtendes Gedankengut eine zentrale Rollespielt, scheint dem Großteil der Pirnaer Bevölkerung egal. Auch die Freitagsdemonstration in Heidenau im August 2015 wurde durch den imHaus Montag ansässigen Kreisverband der NPD organisiert.
Wir möchten mit dem allgemeinen Schweigen übe rdie Ereignisse im August 2015 brechen. Wir lehnen das Schöngerede von lokalen Akteur*innen ab und fordern die lückenlose Aufarbeitung der Gewalttaten. Ein konsequenter Umgang mit rassistischen Auschreitungen, Übergriffen, Drohungen und Anschlägen ist kein Luxus, sondern eine Notwendikeit, der sich auch die bürgerliche Justiz, Politik und Bevölkerung nicht entziehen kann. Wir möchten unsere Wut auf die Straße tragen und den selbsternannten Asylkritiker*innen und jenen, die lieber die Vorhänge zuziehen, wenn ein rassistischer Mob durch ihre Straßen wütet und menschenverachtende Ideoligien skandiert, zeigen, dass wir die Schnauze voll haben von dieser faschistischen Stadthegemonie.
Deshalb lasst uns unseren Widerstand kraftvoll und entschlossen auf die Straßen der dunkeldeutschen Provinz tragen.Kommt am 21. August nach Heidenau!
Bahnhof Heidenau
21.08.2016 14 Uhr
Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Kampf den deutschen Zuständen!