Während Polizist_innen weiter Jagd auf Menschen ohne gültige Papiere machen, wollen (Neo-)Nazis und andere Rassist_innen in den nächsten Tagen und Wochen in mehreren Städten ihre Hetze verbreiten. Neben Bautzen und Ottendorf-Okrilla, wo zuletzt bereits 500 bzw. 350 Menschen gegen die Errichtung örtlicher Erstaufnahmestellen für Geflüchtete demonstrierten, mobilisiert eine Gruppe namens „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ unter dem Motto „gewaltfrei gegen Glaubens- & Stellvertreterkriege auf deutschem Boden“ für kommenden Montag 18:00 Uhr an die Frauenkirche.
Bereits letzten Montag folgten diesem Aufruf 300-350 Personen, vor allem aus dem rechten Hooligan-Umfeld von Dynamo Dresden, wobei auf eindeutige Nazisymbolik verzichtet wurde. Vorbild dafür könnten Demonstrationen von Hogesa (Hooligans gegen Salafismus) in Westdeutschland sein. Mobilisiert wird vor allem über eine Facebook-Veranstaltung. Während sich im Einleitungstext noch gegen jeden „politisch motivierten“ und „konfessionsbezogenen[Sic!]“ Radikalismus ausgesprochen wird, zeigt ein Blick in die Kommentarspalte wohin die Reise gehen soll. Hetze gegen Muslime_a und „Ausländer“ bleibt nahezu unwidersprochen. Die Veröffentlichung eines Bildes eines Transparentes mit der Aufschrift „Unsere Heimat, unser Recht“ des letztjährigen Lichtellaufes in Schneeberg stellt die Veranstaltung auf eine Stufe mit den rassistischen Hetzen gegen Unterkünfte von Geflüchteten der letzten beiden Jahre. Ansonsten besticht die Veranstaltung vor allem durch blanke Inhaltsleere. Einen Anlass oder gar konkrete Forderungen und Ziele sucht man vergebens. Kleinster Nenner scheint der Bezug auf das „Volk“ zu sein. Ausgrenzung; um den „friedlichen deutschen Boden“ zu schützen. Ganz als ob es den NSU und andere mordende (Neo-)Nazi-Gruppierungen nie gegeben hätte. Der eigentliche Sinn dieser Veranstaltung, rechte und rechtsradikale Argumentationsmuster unter einem bürgerlichen Deckmantel gesellschaftsfähig zu machen, wird so schnell ersichtlich.
Am Rande dieser Veranstaltung kam es zu mehreren Angriffen von „friedlichen“ Teilnehmer_innen auf Gegendemonstrant_innen. Auf dem Blog der Dresdner Linken ist von „regelrechten Verfolgungsjagden“ die Rede. Während letzten Mittwoch eine Demonstration des Bündnisses Dresden-Nazifrei von einer massiven Polizeipräsenz begleitet wurden, waren am Montag gerade einmal vier Streifenwagen im Einsatz.
Bereits eine Woche zuvor waren in Ottendorf-Okrilla bis zu 350 Menschen auf der Straße. Ca. 200 davon können dem rechtsradikalen Spektrum zugerechnet werden. Anlass war, wie so oft in letzter Zeit, die geplante Eröffnung einer Erstaufnahmestelle für Geflüchtete. Außerdem sehen sich die Veranstalter_innen in Tradition zu den Montagsdemonstrationen von 89/90. Dabei wird vor allem der Spruch „Wir sind das Volk“ adaptiert, der hier auf den Ausschluss vermeintlich Nicht-Deutscher zielt. Ähnlich wie in anderen Städten wurde hier unter anderem von dem NPD-Funktionär Jens Baur unter dem Jubel der Teilnehmer_innen unverhohlen gegen Nicht-Deutsche gehetzt. Wiedermal versucht die NPD über das Thema Asyl Anschluss an die bürgerliche Gesellschaft zu finden, was ihr besonders in sächsischen Kleinstädten zu gelingen scheint. Für kommenden Montag ist eine weitere Demonstration in Ottendorf-Okrilla geplant, wobei eine ähnlich hohe Resonanz in der örtlichen Bevölkerung zu befürchten ist.
Während die NPD und andere rechtsradikale Gruppen in weiten Teilen Sachsens versucht ein bürgerliches Antlitz zu wahren oder zu erzeugen, sieht die Lage in Bautzen etwas anders aus. Hier soll am 8.11. bereits die dritte Demonstration dieses Jahr, die sich gegen das örtliche Wohnheim für Geflüchtete richtet, stattfinden. Bei der letzten Veranstaltung dieser Art mit ca. 500 Teilnehmer_innen im August wurde neben „Kriminelle Ausländer raus“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“ auch „Nationaler Sozialismus jetzt“ skandiert. Unverhohlen wird hier ein positiver Bezug zum Nationalsozialismus gestellt, während ein Teil der Bautzner Bevölkerung damit kein Problem zu haben scheint.
Was heißt das für uns? Es ist klar, dass wir uns auch weiterhin in den Weg stellen werden, wenn (Neo-)Nazis und andere Rassist_innen aufmarschieren. Es ist weiterhin klar, dass vor allem auf dem Land eine Zusammenarbeit mit den wenigen zivilgesellschaftlichen Akteur_innen unvermeidbar ist. Wir rufen euch deshalb alle auf, weiterhin an antifaschistischen und antirassistischen Gegenprotesten teilzunehmen, egal ob in der Stadt oder in der Provinz. Antifaschistischer Widerstand ist auch weiterhin dringend notwendig, gerade dort, wo (Neo-)Nazis im Alltag nahezu unwidersprochen agieren können. Haltet Augen und Ohren nach weiteren Ankündigungen offen.